Serie "Strategie? Na, klar"

Mit einer digitalen Plattform vereinfacht die Reutlinger G. Maier Elektrotechnik die Wartung von Maschinen und baut erfolgreich ein neues Geschäftsfeld auf
 

Grafik: Fotohansel / Adobe Stock

Smartes Handwerk

„Häufig war ein reines Intervall oder ein Defekt der Auslöser für eine Wartung oder eine Instandsetzung der Maschine“, sagt Geschäftsführerin Kristin Maier-Müller. Letzteres bedeutete im schlimmsten Fall den Stillstand der Produktion, hohe Kosten und viel Stress für alle Beteiligten. Wirklich zeitgemäß sei diese Praxis nicht mehr angesichts der steuerungstechnischen Ausstattung der heutigen Anlagengeneration, die laufend Daten über den aktuellen Zustand erhebt und sich bei Bedarf quasi selbst zur Wartung anmeldet.

Service für intelligente Maschinen

Wartung und Information immer dann, wenn sie benötigt werden. Mit anderen Worten: der passende Service für intelligente Maschinen. Diese Idee hat das Unternehmen 2016 mit der Plattform SmartService umgesetzt. „Die Software vereinfacht Kunden das Arbeiten, reduziert Kosten, indem unerwünschte Maschinenstillstände möglichst vermieden werden können, erleichtert uns unsere Arbeit und verbessert unseren Service“, beschreibt Maier-Müller den Nutzen.

Über den browserbasierten Dienst sind jederzeit alle relevanten technischen Daten einer Maschine, wie etwa die Bedienungsanleitung, Einstellungen und der Schaltplan, abrufbar. Ein Smartphone oder Tablet-Computer genügen. Der Zugriff erfolgt per QR-Code, der als Aufkleber auf dem Typenschild angebracht oder bei neueren Anlagen im Touchpanel integriert ist.

Bei digital vernetzten Anlagen ist die Fernwartung bereits seit Jahren möglich und üblich. So sind die Wärmetunnel von G. Maier je nach Wunsch mit verschiedenen Schnittstellen aus einem modularen Baukastensystem ausgerüstet. Doch auch bei älteren Geräten und Fremdprodukten, die keine Statusmeldung senden können, bietet der SmartService einen Mehrwert, als Datenbank und zur einfachen Kontaktaufnahme mit den Technikern, und zwar ortsunabhängig und 24 Stunden am Tag.

Für ein Unternehmen, das sich mit Elektrowärme und Antriebstechnik für industrielle Kunden beschäftigt, ist die Digitalisierung beileibe kein neues Thema. Maier-Müller datiert die Anfänge in den 1980er-Jahren. Frequenzumrichter lösten mechanische Stellgetriebe ab, Speicherprogrammierbare Steuerungen verdrängten pneumatische und Relais-Steuerungen, PID-Systeme zur Temperaturregelung ersetzten Kapillarrohr-Regler. Die Weiterentwicklung von Produkten, Dienstleistungen und Prozessen sei das alltägliche Geschäft im 1934 gegründeten Unternehmen, sagt die studierte Elektroingenieurin und Diplom-Kauffrau, dazu gehöre eben auch die Umwandlung analoger in digitale Daten.

Digitalisierung als Chance

Allerdings habe die Entwicklung eine neue Qualität erreicht. „Produkte und Dienstleistungen werden in Zukunft intelligenter, die Prozesse effizienter, die Handhabung für alle Beteiligten einfacher“, sagt Maier-Müller. Davon profitiere zum einen der Kunde, wenn durch den automatisierten Datenaustausch zwischen Maschine und Service ein kostspieliger Stillstand der Produktion vermieden werden könne.

Zum anderen entstehen neue Geschäftsfelder, im Fall des SmartService also die Entwicklung einer Software. Maier-Müller, die sich in der Elektro-Innung Reutlingen engagiert, sieht die Digitalisierung als Chance, gerade auch für das Handwerk. Neben dem Knowhow komme es vor allem auf die Fähigkeit an, Trends und Entwicklungen zu erkennen und schnell umzusetzen. Der SmartService wurde in rund drei Monaten entwickelt.

Foto: G. Maier

Start als Softwareanbieter

Die kostenlose Servicelösung, die ursprünglich nur für die Wärmetunnel und Industrieheizplatten des Unternehmens gedacht war, ist auch für Fremdfabrikate wie Elektromotoren und Pumpen, Heizplatten und Fremdfabrikate verfügbar, die bei G. Maier gewartet und instand gesetzt werden. Mit der Gründung der EMA SmartService wird die Software nun vermarktet. „Eine solche Plattform ist als Portal und Kundenbindungsinstrument für viele Unternehmen interessant“, sagt Geschäftsführerin Maier-Müller. Wichtigste Zielgruppe seien Maschinenbauer und Handwerksbetriebe.

Dass der Reutlinger Elektrobetrieb eine gute Adresse für Entwicklungsarbeit ist, hat sich herumgesprochen. Bereits drei Mal erhielt das Unternehmen die Innovationsgutscheine des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums, zuletzt zur Weiterentwicklung des SmartService. Eine Anerkennung, auf die Maier-Müller stolz ist. „Das ist für einen kleinen Betrieb wie uns schon eine tolle Sache.“

Geschäftsführerin Kristin Maier-Müller. Foto: G. Maier