Im Betrieb von Wolfgang Schnitzer werden zurzeit zwölf Nachwuchskräfte in drei Berufen ausgebildet. Im September beginnt Yasir Saeed seine dreieinhalbjährige Lehre zum Anlagenmechaniker.

05.04.2016

Operation Gesellenbrief

Yasir Saeed ist im Herbst 2012 gemeinsam mit seiner Freundin in Deutschland angekommen. Seit eineinhalb Jahren arbeitet der Asylbewerber bei der Firma Schnitzer in Mössingen. Das funktioniert so gut, dass nun gemeinsam seine Ausbildung in Angriff genommen wird.

Der Hausarzt habe ihn damals angesprochen, erinnert sich Wolfgang Schnitzer. Der bat ihn, sich mal einen der Flüchtlinge aus dem von seiner Frau betreuten Sprachkurs anzusehen. „Mich hat beeindruckt, dass er sich bereits sicher auf Deutsch unterhalten kann“, schildert Schnitzer seinen ersten Eindruck. Und auch persönlich und fachlich konnte Saeed, der in seiner Heimat in Metallbetrieben und als Schweißer tätig gewesen ist, überzeugen. Nachdem die Arbeitsagentur ihre Zustimmung gegeben hatte, konnte im Herbst 2014 ein Probearbeitsvertrag geschlossen werden.

Aus der Werkstatt in die Lehre

Saeeds erste Station im Betrieb war die Blechbearbeitung, neben dem Sanitärbereich, der Heizungstechnik und der Bauflaschnerei eine von vier Säulen des Familienunternehmens. In der Werkstatt entstehen vom Fallrohr über Gauben sowie Kamin- und Dachverkleidungen sämtliche Blechprodukte rund ums Haus. Vor fünf Monaten hatte der 34-Jährige seinen ersten Einsatz auf der Baustelle. Das Urteil der Kollegen fiel durchweg positiv aus. Bis zum Entschluss, Saeed einen Ausbildungsplatz zum Anlagenmechaniker Sanitär, Heizung und Klima anzubieten, war es dann nur noch ein kleiner Schritt.

„Er ist geschickt und hat einen Blick dafür, was zu tun ist“, lobt Geschäftsführer Schnitzer seinen künftigen Auszubildenden. Der fühlt sich sichtlich wohl im Betrieb. Er wolle immer neue Dinge lernen, sagt Saeed und lobt die Zusammenarbeit in der Belegschaft. „Meine Kollegen sind sehr freundlich und immer hilfsbereit.“

Unterstützung vom Team

Was auch daran liegen mag, dass ein Teil der Mitarbeiter aus dem Ausland stammt. Weil es immer schwieriger wird, deutsche Fachkräfte zu gewinnen, hat Schnitzer schon vor Jahren begonnen, verstärkt ausländische Mitarbeiter, etwa aus Italien und Spanien, einzustellen. Ob Zuwanderer aus den europäischen Nachbarländern oder Asylbewerber aus Pakistan, die Herausforderung sei durchaus vergleichbar, glaubt Schnitzer. „Das Wichtigste ist die schnelle Integration ins Unternehmen.“ Das gehe nicht ohne Engagement. Die Unterstützung bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen oder Vermittlung von Sprachkursen sei daher selbstverständlich.

Mit Saeeds Ausbildung betritt die Firma dennoch Neuland. Bedenken, was den fachlichen Teil angeht, hat Schnitzer keine. Die Berufsschule müsse eben „bestanden“ werden. Und natürlich muss Saeed weiter die deutsche Sprache lernen. Zurzeit besucht er Kurse, die auf die B1-Prüfung vorbereiten. Er sollte eigentlich mehr tun, weiß Saeed. Doch manchmal sei es schwierig, Arbeit und Sprachkurs unter einen Hut zu bringen.

Übernahme ist sicher

Es ist durchaus möglich, dass vor dem Start in die Ausbildung noch rechtliche Hürden zu nehmen sind. Über Saeeds Asylantrag ist noch nicht entschieden. Aktuell ist er in Deutschland nur geduldet. Schnitzer hofft darauf, dass Saeeds bisheriger Weg in Deutschland und sein sozialversicherungspflichtiger Job starke Argumente für einen dauerhaften Aufenthalt sind. Im Übrigen setzt er auf den Faktor Zeit. „Je länger Saeed da ist, desto unwahrscheinlicher ist die Abschiebung.“

Saeed will die Chance auf einen qualifizierten Berufsabschluss nutzen und ist auch bereit, sich dafür vorübergehend einzuschränken. Die Aussicht, ab September deutlich weniger Geld für seine mittlerweile vierköpfige Familie zur Verfügung zu haben, schreckt ihn jedenfalls nicht. „Ich bin bescheiden“, sagt er. Sein Chef will trotzdem versuchen, eine Förderung zum Lebensunterhalt zu organisieren. Die Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis und ein höherer Lohn sind Saeed bereits sicher. Auf die Prüfungsnoten komme es nicht so sehr an, meint Schnitzer: „Ich weiß ja, was er kann.“