Ehrensache, eine Konditormeisterin macht ihre Lieblingstorte selbst. Loreen Ellerts Favorit ist das Irish-Coffee-Törtchen. Die Idee dazu brachte sie von einem Auslandsaufenthalt in Irland mit.

Auszeichnung "Persönlichkeit im Handwerk": Präsident Alexander Wälde, Lennart Nöller, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Freudenstadt, und Sylvia Weinhold, Geschäftsführerin Unternehmensberatung, gratulieren zur Wahl. Fotos: Handwerkskammer

29.09.2025

Traditionscafé zu neuem Leben erweckt

Konditorin Loreen Ellert hatte schon immer das Ziel, ihr eigenes Café zu führen. Bei ihrem Start in die Selbständigkeit spielte der Zufall eine wichtige Rolle.

Nach der Lehre direkt auf die Meisterschule, ein Auslandsaufenthalt in Irland, finanziert durch ein Stipendium der Stiftung Begabtenförderung, dann die Meisterprüfung im vergangenen Jahr, mit gerade mal 23 Jahren stolze Jungunternehmerin. Wer hinter dieser Laufbahn im Zeitraffer einen konsequent umgesetzten Plan vermutet, liegt nur zum Teil richtig. Tatsächlich sei es ein Sprung ins kalte Wasser gewesen, sagt Ellert. „Als sich die Gelegenheit ergab, war mir klar, das will ich machen.“

Bei der Gelegenheit handelt es sich um die Neumühle in Baiersbronn, ein alteingesessenes und schmuckes Café mit angeschlossenem Mühlenladen in der Ortsmitte, der seit Ende 2024 geschlossen war. Die bisherigen Betreiber hatten sich in den Ruhestand verabschiedet. Im Januar wurde die gebürtige Pforzheimerin auf die Location aufmerksam. Im Mai folgte die Wiedereröffnung als Café und Konditorei Loreen in der Neumühle.

Neue Rollen, neue Anforderungen

Mehrere Gründe hätten den Ausschlag gegeben, so Ellert: die Lage in einem touristischen Zentrum sowie die attraktive Kombination mit dem Mühlenladen. Zudem konnte die Gründerin den Großteil des Inventars, wie beispielsweise die Verkaufstheke, übernehmen und auf größere Umbauten und Investitionen verzichten, was das Budget schonte. Ein weiterer Faktor: die diesjährige Landesgartenschau Tal X in Freudenstadt und Baiersbronn, die viele Besucher anzieht. „Die Landesgartenschau war schon wichtig. Der Standort ist so gesehen geradezu ideal, weil wir direkt an das Gelände angrenzen“, sagt Ellert.

Zur Finanzierung nutzte sie das Gründerprogramm der L-Bank. Auch die Eltern unterstützen das Vorhaben, nicht nur finanziell. Aktuell besteht das Team aus vier Mini-Jobbern und Ellerts Mutter, die praktisch in Vollzeit mithilft. „Ohne diesen Rückhalt wäre es schwierig“, betont die Jungunternehmerin. Finanziell, organisatorisch und aus vielen anderen Gründen. „Ich hatte eigentlich keine Ahnung, was da auf mich zukommt“, sagt Ellert im Rückblick.

Das gelte vor allem für die neue Rolle als Unternehmerin, die nicht nur den handwerklichen Teil beherrschen muss, sondern sich nun auch mit der Buchhaltung, mit der IT oder mit Personalfragen beschäftigen muss. Ins kalte Wasser springen, das treffe es schon ganz gut, so Ellert. Aus diesem Grund sei die Beratung durch die Handwerkskammer wichtig gewesen. „Der Rund-um-Blick hilft bei der Orientierung und Fehler zu vermeiden.“

Gläserne Produktion im Café

Mit ihrem Start ist die Konditormeisterin rundum zufrieden. Das Café samt großem Außenbereich ist gut besucht. Nach den ersten fünf Monaten kann sie auch schon Stammgäste begrüßen, die Kaffee, Kuchen und Torten genießen, regionale Produkte im Mühlenladen einkaufen oder eben beides miteinander verbinden. Beim Sortiment setzt sie auf Qualität, hochwertige Zutaten und individuelle Kreationen.

Wer will, kann die Herstellung live verfolgen und Ellert bei der Arbeit über die Schulter schauen. Produktionsbereich und Verkaufstheke gehen ineinander über. Ein Konzept, das die Neumühle von anderen Cafés unterscheidet.

Ein weiterer Baustein ist die mediale Präsenz. Ellert ist auf Instagram und Tiktok unterwegs. Ein Muss, ist sie überzeugt, das zwar viel Zeit koste, aber durchaus lohnend sei. Ein Beleg dafür ist die Auszeichnung als „Persönlichkeit im Handwerk“ im Juli 2025. Das vom Portal „Selbständig im Handwerk“ der baden-württembergischen Handwerkskammern durchgeführte Online-Voting wurde natürlich auch rege über soziale Medien beworben.

Kuchen, Torten und vielleicht schon bald Brot

Aktuell ist der Betrieb als Tagescafé von Mittwoch bis Sonntag geöffnet. Das könnte sich bald ändern, denn die Sommersaison mit dem Frequenzbringer Gartenschau ist praktisch vorbei. Ellert will vermehrt Einheimische ansprechen und ihr Café zu einem angesagten Treffpunkt entwickeln. Sie möchte beispielsweise After-Work-Events organisieren, mal zur Grillparty, mal zum Glühwein laden. Eine weitere Idee, die sie für die Zukunft umtreibt: sie würde gerne das Sortiment um selbst hergestellte Brotsorten erweitern. Ihre Nahziele formuliert sie so: „Ich möchte mich etablieren, die Qualität sichern und Sicherheit gewinnen.“

Hat sie einen Tipp für Gründer? Man dürfe nicht den Mut verlieren, sich von Krisen, Schwierigkeiten und den eigenen Zweifeln unterkriegen lassen, ist Ellert überzeugt. „Einfach dranbleiben, das ist das Wichtigste.“

Zur Auszeichnung

Mit dem Siegel „Persönlichkeit im Handwerk“ werden jeden Monat baden-württembergische Handwerkerinnen und Handwerker ausgezeichnet, die in einer der monatlich wechselnden Kategorien herausragende Leistungen erbracht haben. Unter www.selbstaendig-im-handwerk.de können sich potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten bewerben.