Gabriel Roudon, Präsident der Handwerkskammer St. Etienne, Daniel Soulairac, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer St. Etienne, Roland Haaß, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen und Präsident Joachim Möhrle (v. l. n. r.).

12.09.2006

Die Position des Handwerks stärken

Auf Einladung der Handwerkskammern St. Etienne und Roanne besuchten Mitglieder des Vorstandes der Handwerkskammer Reutlingen die beiden französischen Partnerkammern zu einem Arbeitstreffen.

Zentrales Ergebnis war, dass man künftig insbesondere bei europäischen Themen stärker zusammen arbeiten werde, um die Position des Handwerks innerhalb der Europäischen Union zu stärken. Nur gemeinsam könne man ein Gegengewicht zur Brüsseler Bürokratie herstellen.

Probleme vergleichbar
Eines wurde bei dem Gedankenaustausch deutlich: Die Probleme des Handwerks in Frankreich und Deutschland sind durchaus vergleichbar.

Das gilt unter anderem für die Themen Betriebsübergabe, die Ausbildungssituation, die Konkurrenz aus Billiglohnländern aber auch für den in Frankreich geltenden reduzierten Mehrwertsteuersatz von 5,5 Prozent (unter anderem für Reparaturarbeiten in und an Gebäuden).

Diese Reduzierung, so Präsident Gabriel Roudon aus St. Etienne, habe nach einer unabhängigen Untersuchung rund 60000 neue Arbeitsplätze geschaffen und die wirtschaftliche Aktivität deutlich angekurbelt. Jetzt setze man alles daran, dass dieser reduzierte Mehrwertsteuersatz auch nach 2010 beibehalten und auf andere Handwerksbereiche ausgeweitet wird.

Präsident Joachim Möhrle konnte hingegen nur konstatieren, dass die Bundesregierung diese Chancen eines reduzierten Mehrwertsteuersatzes verpasst habe und dass die geplante Mehrwertsteuererhöhung für 2007 in Deutschland hingegen der aufkeimenden Konjunktur voraussichtlich einen deutli-chen Dämpfer verpassen werde.

Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit spielte bei zwei weiteren Themen eine zentrale Rolle. Betriebsübernehmer werden in Frankreich von den Sozialabgaben befreit, um einen Anreiz für Neueinstellungen zu schaffen. Die Handwerkskammern begleiten Interessenten bei Betriebsübergaben, da Untersuchungen eindeutig ergeben haben, dass die unterstützten Betriebe deutlich bessere Marktchancen haben.

Auch bei der Förderung der Ausbildung spielt das Thema Arbeitslosigkeit eine bedeutende Rolle. Es habe sich erwiesen, dass es trotz hoher Arbeitslosigkeit einen Mangel an gut qualifizierten Mitarbeitern gebe. Aber wie in Deutschland auch, habe das Handwerk in Frankreich - wie die berufliche Ausbildung insgesamt - mit einem Imageproblem zu kämpfen.

Immer noch orientierten sich viele Schüler eher in Richtung Abitur und Studium und würden sich allenfalls bei einem Scheitern für eine Ausbildung im Handwerk interessieren. Immerhin gebe es aber den politischen Willen, die berufliche Ausbildung stärker zu fördern.

Europäische Kooperation
Die Kooperation auf europäischer Ebene war auch in Roanne - das auch Partnerstadt von Reutlingen ist - zentrales Thema. Francois Chantelot, Präsident der Handwerkskammer Roanne, berichtete über die Zusammenarbeit mit Universitäten und Betrieben aus drei europäischen Ländern im Bereich der Restauration von alten Bauwerken. In diesem Zusammenhang regte Chantelot einen intensiveren Austausch auch mit der Handwerkskammer Reutlingen an.

Kammerpräsident Joachim Möhrle hob hervor, dass die Zusammenarbeit über Landesgrenzen hinweg, wie sie die Kammern seit Jahren praktizierten, neben den wirtschaftlichen Aspekten wesentlich mit dazu beitrage, das freundschaftliche Miteinander der Menschen in Frankreich und Deutschland zu festigen.