26.10.2005

Gemeinsam gegen Schwarzarbeit

Auch wenn die Geschäftslage im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe inzwischen positiver als noch vor einem Jahr eingeschätzt wird: Lohn- und Preisdumping - und als eine Folge davon auch Schwarzarbeit - gefährden nicht nur Arbeits- und Ausbildungsplätze, sondern führen zu verheerenden Wettbewerbsverzerrungen.

Leidtragende dieser Entwicklung sind insbesondere die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks. Bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit ziehen die Handwerkskammer Reutlingen und die IG Bauen-Agrar-Umwelt daher am gleichen Strang. Auf den ersten Blick ein ungleiches Paar, verfolgen aber beide im Bereich Schwarzarbeit die gleichen Interessen.

„Baubetriebe, die sich an Gesetze und Tarifverträge halten, haben gegenüber der illegalen Niedriglohnkonkurrenz im Wettbewerb keine faire Chance mehr“, sagte Joachim Möhrle, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen.

„Zwar wurden im Jahr 2004 im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen Bußgelder über insgesamt 233.652 Euro festgesetzt“, so Möhrle weiter. Das sei allerdings nur die Spitze des Eisberges, auch wenn die Bußgelder im Jahr 2005 durch die verstärkten Aktivitäten des Zolls wahrscheinlich höher ausfallen dürften.

Diese Meinung wird von Nikolaus Landgraf, Geschäftsführer des Bezirksverbandes Südwürttemberg der IG Bauen-Agrar-Umwelt, geteilt: „Die Bauwirtschaft steht mit dem Rücken zur Wand. Ein gemeinsamer und entschiedener Kampf gegen Schwarz¬arbeit ist daher unerlässlich. Auch das Problem der so genannten Scheinselbständigkeit darf nicht unterschätzt werden."

Und Joachim Möhrle ergänzt: "Schwarzarbeit ist auch ein gesellschaftliches Problem. In den Ländern mit einem geringeren Umfang der Schattenwirtschaft war auch die Steuer- und Abgabenbelastung durchgehend geringer. Daran kann man erkennen, dass eine verminderte Steuer- und Abgabenlast zu mehr Nachfrage und weniger Schwarzarbeit führt."

Auswirkungen hat diese Entwicklung vor allem auf die Arbeitsplatzsituation. Nach den Angaben des statistischen Landesamtes Baden-Württemberg musste das Bauhauptgewerbe allein von 2001 bis 2004 einen Beschäftigtenrückgang von jährlich fünf bis neun Prozent verzeichnen. Ein Ende dieser Abwärtsspirale ist bislang noch nicht abzusehen. Fest steht nur: Schwarzarbeit vernichtet Arbeitsplätze.

"Werden durch Schwarzarbeit den kleinen und mittleren Betrieben potentielle Aufträge entzogen, müssen diese Angestellte entlassen. Auch auf die Ausbildungsplatzsituation hat dies gravierende Auswirkungen. Gibt es in einem Betrieb wenig Arbeit, so ist nicht damit zu rechnen, dass dort zusätzlich eine Lehrstelle angeboten wird", ist sich Joachim Möhrle sicher.

Auch der Wegfall der Meisterprüfung in einigen Handwerken habe Auswirkungen auf die Beschäftigten- und Ausbildungssituation. So könne die Handwerkskammer Reutlingen beim Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk zwar einen Zuwachs von 20 Prozent bei den Betriebszahlen in den ersten 10 Monaten des Jahres 2005 verzeichnen, gleichzeitig sei die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge aber um 20 Prozent zurückgegangen.

Möhrle: „Wir haben bereits vor der Novellierung der Handwerksordnung deutlich gemacht, dass der Verzicht auf Qualifikation unweigerlich einen Rückgang bei den Ausbildungsplätzen zur Folge haben wird. Denn wer seinen Beruf nicht umfassend gelernt hat, der wird - und darf - auch nicht ausbilden.“