27.06.2005

Handwerkskammer gegen neuen bürokratischen Moloch

Der Vorstand der Handwerkskammer Reutlingen, in dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sind, hat in seiner letzten Sitzung die politischen Parteien aufgefordert, das geplante Vorziehen der Fälligkeit von Sozialbeiträgen zu stoppen.

Wird die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge vorgezogen, trifft dies gerade die eigenkapitalschwachen Betriebe des Handwerks. Ihnen wird die notwendige Liquidität entzogen, und der Aufwand für Bürokratie und Abrechnungskosten steigt in unzumutbarer Weise.

Angesichts der ohnehin schwierigen Lage auf Grund der schwachen Konjunktur und der sinkenden Zahlungsmoral ist das unverantwortlich. Der Vorstand der Handwerkskammer Reutlingen fordert daher die Parteien auf, dieses Gesetz im Bundesrat zu stoppen.

Der Hintergrund: In einem kurzfristig vorgelegten Referentenentwurf schlägt die Bundesregierung vor, die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge um zwei Wochen vorzuverlegen. Bislang sind die Beiträge für die Sozialversicherung von den Arbeitgebern spätestens bis zum 15. des Folgemonats abzuführen.

Mit der geplanten Fälligkeitsregelung soll die Beitragsschuld jedoch spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig werden, in dem die Beschäftigung ausgeübt wird. Ein verbleibender Restbetrag soll zusätzlich im Folgemonat abgeführt werden.

Viele Handwerksbetriebe können die Lohnabrechnung aber erst nach dem Monatsende vornehmen, weil erst dann das zu vergütende Stundenvolumen und mögliche Leistungszulagen feststehen. Diese Handwerksbetriebe müssten dann die Beiträge schon vorab – ohne dass die genaue Lohnhöhe feststeht – abführen und später eine Nachberechnung durchführen. Statt wie bisher zwölf Monatsabrechnungen muss der Handwerksmeister nun 24 Monatsabrechnungen vorlegen.

Die Vorverlegung führt im Kalenderjahr 2006 im Ergebnis dazu, dass viele Handwerksbetriebe nicht zwölf, sondern 13 Monatsbeiträge an die Sozialversicherung abführen müssen. Die Betriebe werden dadurch im kommenden Jahr mit zusätzlichen Beiträgen zu Lasten der eigenen Liquidität und der dringend erforderlichen Eigenkapitalstärkung verpflichtet.

Der Vorstand der Handwerkskammer Reutlingen spricht sich entschieden dagegen aus, die Lücken in den Rentenkassen durch kurzfristige Finanztricks auf dem Rücken der Handwerksbetriebe zu schließen.