Beschäftigung sichern: Integrationsämter beraten Betriebe bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen. Foto: Burkhard Riegels

Karl-Friedrich Ernst Foto: Thomas Müller

Katharina Nopper Foto: Handwerkskammer

02.05.2012

Hilfen auf dem Weg zurück in den Job

Ein Arbeitsunfall, eine schwere Erkrankung – wenn Mitarbeiter längere Zeit ausfallen, steht für einen Betrieb immer auch wertvolles Knowhow auf dem Spiel. Umso wichtiger ist es, sich frühzeitig Gedanken über die Wiedereingliederung zu machen. Betriebliches Eingliederungsmanagement unterstützt Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Karl-Friedrich Ernst, Leiter des beim Kommunalverband für Jugend und Soziales (KJVS) angesiedelten Integrationsamts Baden-Württemberg, und Katharina Nopper, Rechtsabteilung der Handwerkskammer Reutlingen, stellen das Instrument im DHZ-Gespräch vor.

DHZ: Was ist Betriebliches Eingliederungsmanagement?

Ernst: Das Betriebliche Eingliederungsmanagement – oder kurz BEM, ist ein relativ neues Instrument des Sozialgesetzbuches IX. BEM soll Arbeitsunfähigkeit überwinden und neuer Arbeitsunfähigkeit vorbeugen. Langfristig soll damit ein durch Krankheit gefährdeter Arbeitsplatz gesichert werden.

DHZ: Wann sollten Maßnahmen eingeleitet werden?

Ernst: Das ist gesetzlich festgelegt: Wenn innerhalb von zwölf Monaten mehr als sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit anfallen – egal, ob als längere Erkrankung oder häufige Kurzerkrankungen – dann ist es Zeit für das Betriebliche Eingliederungsmanagement.

DHZ: Wer führt das Betriebliche Eingliederungsmanagement durch?

Ernst: Das ist die Aufgabe des Arbeitgebers. Soweit vorhanden, werden die betrieblichen Interessenvertretungen beteiligt. Weitere Unterstützung bekommen die Unternehmen bei schwerbehinderten Mitarbeitern vom KVJS-Integrationsamt, ansonsten von regionalen „Gemeinsamen Servicestelle“ der Rehabilitationsträger.

DHZ: Wie sollten Betriebe vorgehen?

Ernst: Zunächst muss der betroffene Mitarbeiter sein Einverständnis für das BEM geben. Die Teilnahme ist grundsätzlich freiwillig. Gemeinsam sollten Ziele und Wünsche geklärt und konkrete Schritte vereinbart werden. Eine gute Grundlage ist ein Leistungsprofil des Betroffenen, das der behandelnde Arzt oder Betriebsarzt erstellt. Daran kann man sehen, worauf man bei der Gestaltung der Arbeit achten muss, um einer erneuten Erkrankung vorzubeugen.

DHZ: Wie sieht es mit den Kosten aus?

Ernst: Die Unterstützung durch das Integrationsamt und die Gemeinsame Servicestelle sind kostenlos. Darüber hinaus fördern wir einzelne Maßnahmen. So zum Beispiel, wenn ein Arbeitsplatz behindertengerecht umgestaltet werden muss.

DHZ: Warum greift die Handwerkskammer Reutlingen das Thema BEM auf?

Nopper: Das BEM und die Möglichkeiten des Integrationsamtes sind insbesondere den kleinen Unternehmen unbekannt, da diese erst ab einer Anzahl von 20 Arbeitsplätzen verpflichtet sind, schwerbehinderte Mitarbeiter einzustellen. Aber gerade für diese Unternehmen ist es wichtig, alle zur Verfügung stehenden Hilfen zu kennen.

DHZ: Warum ist BEM gerade für kleine Unternehmen wichtig?

Nopper: Im Handwerk ist es immer noch üblich, dass Mitarbeiter über das ganze Arbeitsleben hinweg bei einem Unternehmen angestellt sind. Während dieser Zeit wurde nicht nur ein persönliches Verhältnis aufgebaut, sondern auch ein umfangreiches Fachwissen angeeignet. In Zeiten immer älter werdender Belegschaften sollte jeder Arbeitgeber versuchen, seine Fachkräfte - auch im eigenen Interesse - zu halten. Da im fortgeschrittenen Alter mehr Berufskrankheiten auftreten, sollte ein Betrieb nicht nur präventiv diesen Krankheiten vorbeugen, sondern auch, wenn sie eingetreten sind, den Arbeitsplatz so gestalten, dass der betroffenen Arbeitnehmer weiterhin tätig sein kann. Das ist gerade für kleine und mittelständische Unternehmen auch eine Kostenfrage. Deshalb halte ich es für wichtig, diese Unternehmen über die Unterstützungsangebote des Integrationsamtes und der Rehabilitationsträger zu informieren.

DHZ: Herr Ernst, welche Angebote stellt das Integrationsamt zur Verfügung?

Ernst: Zum einen natürlich unsere Beratungs-Kompetenz und die unserer Fachdienste. Zum anderen kann es auch finanzielle Unterstützung durch das Integrationsamt geben. Muss ein Arbeitsplatz behinderungsgerecht angepasst werden, können wir dies fördern. Wenn schwerbehinderte Mitarbeiter behinderungsbedingt dennoch nicht mehr voll leistungsfähig sind, kann der Arbeitgeber von uns auch Lohnkostenzuschüsse bekommen.