Das Handwerk schätzt die aktuelle Lage positiv ein. Anders sieht es bei den Erwartungen aus. Mehr als die Hälfte der Betriebe rechnet mit weniger Aufträgen.

26.01.2009

Konjunktur: Handwerksbetriebe erwarten deutlich weniger Aufträge

Die Handwerker im Bezirk der Handwerkskammer Reutlingen haben den wirtschaftlichen Abschwung des vierten Quartals 2008 vergleichsweise gut überstanden. Zwar sind deutlich weniger Betriebe als im Vorjahr mit ihrer Geschäftslage zufrieden. Aber nach wie vor überwiegen die positiven Einschätzungen. Anders sieht es bei den Erwartungen aus. Mehr als die Hälfte der Handwerker rechnet mit weniger Aufträgen.

Nach einer repräsentativen Umfrage in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb konnte noch rund jeder fünfte Handwerksbetrieb (18 Prozent) steigende Auftragszahlen verbuchen. Im Vorjahreszeitraum lag dieser Wert noch bei 27,2 Prozent. Gleichzeitig ist die Zahl der Betriebe, die weniger Aufträge erhielten, von 26,3 auf 35,9 Prozent gestiegen.

Die Aussichten werden zunehmend pessimistischer beurteilt. Nur noch knapp jeder zehnte Betrieb (11,5 Prozent) erwartet ein Auftragsplus, mehr als jeder zweite (52,1) geht von einem Rückgang aus. Mit stabilen Verhältnissen rechnen 36,4 Prozent. Ganz anders die Erwartungen vor einem Jahr. Damals ging die Mehrheit der Befragten (51,7 Prozent) von einer stabilen Auftragslage aus, rund ein Fünftel (19,5 Prozent) rechnete mit mehr Aufträgen.

Der Konjunkturindikator der Handwerkskammer Reutlingen, der sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Erwartungen der Betriebe ausweist, sank im vierten Quartal 2008 auf +9,4 Punkte. Im vorigen Quartal lag dieser Wert bei +16 Punkten, im Vorjahr noch bei +21,7 Punkten.

„Der Abschwung ist leider auch im Handwerk angekommen“, fasst Joachim Möhrle die aktuellen Umfrageergebnisse zusammen. Der Präsident der Handwerkskammer Reutlingen sieht allerdings keinen Anlass, in Pessimismus zu verfallen. Die überwiegende Zahl der Handwerksbetriebe sei relativ unabhängig von außenwirtschaftlichen Einflüssen und werde vielmehr von der lokalen und regionalen Nachfrage getragen. „Diese Nachfrage, sehen wir von den unteren Einkommensbereichen einmal ab, ist nach wie vor da“, betont Möhrle.

Weitere Impulse erhofft sich das Handwerk von den Konjunkturprogrammen des Bundes. „Unsere Ausbauhandwerker werden vom erweiterten Steuerbonus und den besseren Fördermöglichkeiten bei der energetischen Modernisierung profitieren“, sagt Möhrle. Allerdings seien weitere Maßnahmen notwendig. Dazu gehöre beispielsweise eine grundlegende Reform der Kfz-Steuer. „Wir brauchen ein zukunftsfähiges abgasorientiertes System“, fordert Kammerpräsident Möhrle mit Blick auf die schlechten Zahlen im Neuwagengeschäft.

Erhebliche Unterschiede zwischen den Branchen

Verbesserungen, aber auch herbe Abstürze – Lage und Erwartungen fallen in den verschiedenen Branchen vollkommen unterschiedlich aus. In drei Handwerksgruppen zeigt das Konjunkturbarometer nach oben. Das Bauhauptgewerbe meldet eine positive Geschäftslage und geht mit viel Optimismus in das Jahr 2009. Der Konjunkturindikator, im Vorjahresquartal noch deutlich im negativen Bereich (-20,7), liegt nun bei +23,3. Etwas dahinter liegen die Nahrungsmittelhandwerker. Eine gute aktuelle Lage und leicht positive Erwartungen lassen den Indikator auf +15,2 steigen (Vorjahr: -1,8). Dritte Branche im Bunde ist das Gesundheitshandwerk. Allerdings finden hier die Verbesserungen auf sehr niedrigen Niveau statt. Der Konjunkturindikator dieser von Gesundheitsreformen geschüttelten Branche bleibt mit –26,2 nach wie vor klar im negativen Bereich (Vorjahr: -44,5).

Von der wirtschaftlichen Abkühlung voll erwischt wurden die Handwerker, die für den gewerblichen Bedarf produzieren. Die Maschinenbauer und Ausrüster hatten über lange Zeit den Spitzenplatz im Branchenvergleich eingenommen. Zuletzt wurde die Geschäftslage nur noch von wenigen Betrieben positiv eingeschätzt (+4,2 nach +45,8 im Vorjahr), die Erwartungen liegen bereits im negativen Bereich (-8,9 nach +55,3 im Vorjahr). Damit rutscht der Konjunkturindikator für diese Branche auf –2,5 (Vorjahr: +50,5).

Was die nächsten Monate angeht, überwiegt im Kfz-Handwerk mittlerweile der Pessimismus. Die Erwartungen der Autohändler und Werkstätten sind negativ (-3,3; Vorjahr: +15,2), die aktuelle Lage wird neutral bewertet (0,0; Vorjahr: +15,2). Dies könnte sich durch die geplante Abwrackprämie, mit der die Bundesregierung den Neuwagenabsatz ankurbeln will, ändern. Das Interesse der Verbraucher scheint jedenfalls vorhanden zu sein. Die Autohändler registrierten in den vergangenen Tagen eine wachsende Zahl von Anfragen.