Präsident Harald Herrmann, OB Barbara Bosch, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut und IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp bei der einführenden Gesprächsrunde.

26.05.2017

Nichts geht ohne das Handwerk

Unter dem Titel „Kreativland Baden-Württemberg“ trafen sich Unternehmer, Vertreter von Kammern und Wirtschaftsförderer zur Landeskonferenz der Kreativwirtschaft im Reutlinger Kunstverein. Thema der Veranstaltung, zu der das Wirtschaftsministerium geladen hatte: die Sichtbarkeit eines vielfältigen, umtriebigen und aufstrebenden Wirtschaftszweiges.

Die zunehmende gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Kreativschaffenden unterstrich Ministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut mit aktuellen Zahlen. Rund 30.000 Unternehmen mit über 200.000 Beschäftigten seien landesweit in den Bereichen Kunst, Medien, Design und Architektur tätig. Die Konferenz solle dazu beitragen, das wirtschaftliche Potenzial der Kreativen im Land der Automobil- und Maschinenbauer aufzuzeigen und die Vernetzung der Unternehmen zu fördern.

Oberbürgermeisterin Barbara Bosch sprach die Gründerszene der Stadt an. Am traditionellen Industriestandort Reutlingen finde mittlerweile jede dritte Gründung im Bereich Kreativwirtschaft statt – „mit steigender Tendenz“. „Kunst und Wirtschaft sind keine Gegensätze, sondern können miteinander verzahnt werden“, zeigte sich Bosch überzeugt. Wichtig seien Anlaufstellen, wie das Popbüro Region Neckar-Alb.

IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Wolfgang Epp verwies auf das 2012 gegründete Netzwerk Kreativwirtschaft der IHK, dem heute 75 Selbständige aller Branchen angehören. „Wo Menschen zusammenkommen, entsteht die meiste Kreativität“, fasste er die Zielsetzung zusammen. Neben der Vernetzung, Beratung und Förderung nannte Epp die soziale Absicherung der häufig als Kleinunternehmer tätigen Kreativen als vordringliche Aufgabe.

Die Frage nach dem Stellenwert der Kreativen im Handwerk, wollte Harald Herrmann, Präsident der Handwerkskammer Reutlingen, so nicht stehen lassen. Handwerker seien in allen Teilmärkten der Kreativwirtschaft zu Hause, Instrumentenbauer, Fotografen, Mediengestalter in den Bereichen Kultur und Kommunikation genauso wie Elektroniker, Zimmerer und Maurer im Architekturmarkt. Die Unterscheidung von kreativen und ausführenden Berufen führe jedoch am Wesen des Handwerks vorbei. „Kreativität ist eigentlich in jedem Handwerk gefordert, weil es im Grunde immer um individuelle Arbeiten nach Wünschen der Kunden geht“, betonte Herrmann.

Um die Kreativität, Modernität, Leistungskraft des Handwerks und damit um die Sichtbarkeit eines Wirtschaftszweiges geht es bei der bundesweiten Imagekampagne. Im vergangenen Jahr hat die Handwerkskammer mehrere Kurzfilme über Auszubildende, Gründer und Unternehmer produziert. Die Zugriffszahlen auf YouTube, Facebook und der Kammerseite seien außergewöhnlich, sagte Herrmann. Der Film über den Messerschmied Janosch Vecernjes aus Hohenstein wurde sogar mit dem Deutschen Wirtschaftsfilmpreis 2016 ausgezeichnet.

Der 33-Jährige gehörte zu den sechs Unternehmern, die sich im Kunstverein vorstellten. Auf die theoretische Frage, ob er nun den kreativen Handwerkern oder besser den handwerklich arbeitenden Kreativen zuzuordnen sei, gab er die vermutlich richtige Antwort: „Es kommt nicht darauf an, was du machst, sondern dass du es mit Leidenschaft machst.“