15.12.2005

Öffnung der Hochschulen

Bisher war es in Baden-Württemberg für Handwerksmeisterinnen und -meister ohne Abitur nicht leicht, ein Hochschulstudium aufzunehmen. Hindernisse beim Erlangen einer zusätzlichen akademischen Qualifikation stellten unter anderem komplizierte Bewerbungsverfahren, das Erreichen einer bestimmten Note in der Meisterprüfung und Zulassungsprüfungen dar.

All dies gehört nun der Vergangenheit an. Denn mit der im Landtag am 30. November 2005 verabschiedeten Neufassung des baden-württembergischen Hochschulgesetzes hat sich einiges grundlegend verändert. Zukünftig können Meisterinnen und Meister unabhängig von der Note ihrer Meisterprüfung und ohne gesonderte Eignungsprüfung ein Studium in einem Fach, das ihrer Ausbildung entspricht, aufnehmen.

Unproblematisch
Unproblematisch ist somit beispielsweise das Maschinenbau- oder Betriebswirtschaftsstudium für einen Mechanikermeister. Welcher Studiengang mit welcher Meisterausbildung jeweils gewählt werden kann, erfahren Interessenten von den Hochschulen im Frühjahr 2006.

So werden sich die Bewerber rechtzeitig zu den üblichen Fristen Mitte Juli in einen Studiengang einschreiben können, denn das neue Zugangsverfahren wird erstmals ab dem Wintersemester 2006/2007 Anwendung finden.

„Die Neuregelung verstärkt die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit einer handwerklichen Ausbildung. Erfreulich ist, dass die Änderung des Hochschulgesetzes nicht zuletzt auch den Wissensaustausch zwischen Theorie und Praxis fördert. Und hiervon werden beide Seiten profitieren“, betont der Roland Haaß, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Reutlingen.

In anderen Bundesländern, wie beispielsweise Niedersachsen, ist der uneingeschränkte Hochschulzugang für Handwerksmeister sogar in nichtfachbezogenen Studiengängen längst Teil des Hochschulrechts. „Niedersachsen hat als erstes Land seine Hochschulen umfassend geöffnet für Meister und Techniker und entsprechend Qualifizierte aus der beruflichen Weiterbildung – übrigens ohne dass die Hochschulen seither Schaden genommen hätten“, bemerkt der niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Lutz Stratmann anlässlich einer Veranstaltung, bei der besonders erfolgreiche Meister-Studenten geehrt wurden.

Uneingeschränkter Zugang
Waren auch in Niedersachsen anfangs noch Zugangstests für die Immatrikulation nötig, gilt bereits seit dem Wintersemester 2002/2003 an allen Hochschulen des Landes die uneingeschränkte Studienzulassung für Meister.

Professoren der niedersächsischen Hochschulen stellen fest, dass Studierende aus dem Handwerk ihre Ausbildung an den Hochschulen – auch aufgrund ihrer fachlichen Vorbildung – überdurchschnittlich schnell und erfolgreich abschließen.

Der Grund liegt auf der Hand: Wer eine Berufsausbildung absolviert hat und mitten im Erwerbsleben steht, weiß genau, was in der Praxis wirklich zählt. „Gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen in der Meisterschule scheinen die Studenten aus dem Handwerk zielstrebiger, eigenständiger und engagierter zu sein als der durchschnittliche Student“, weiß Brigitte John-Psaroudakis von der Vereinigung der Handwerkskammern Niedersachsen.