Erfahrungen im Ausland gesammelt: Isabella Reale, Melanie Hageloch, Susanne Blum, Claudia Afonso und Ausbildungsbeauftragte Ulrike Keim-Rittelmann.

08.09.2014

Prädikat empfehlenswert

Wer reist, hat was zu erzählen. Isabella Reale, Susanne Blum, Melanie Hageloch und Claudia Afonso geht es nicht anders. Sie haben sich im Rahmen ihrer Ausbildung zur Bäckereifachverkäuferin bei der Bäckerei Keim in Reutlingen einen Monat lang in Betrieben in Irland und England umgesehen. Go for Europe heißt das Gemeinschaftsprojekt der baden-württembergischen Wirtschaft.

Für Susanne Blum ging es im Mai in die Bäckerei Gunns in Sandy bei Birmingham. Etwas nervös sei sie schon gewesen, gibt die 23-Jährige zu. „Die Sprache, der Betrieb, die Gastfamilie.“ Drei Wochen arbeitete sie an der Verkaufstheke im Hauptgeschäft, war dabei, wenn die beiden Filialen beliefert wurden, dekorierte Torten und half beim Cateringservice mit. Als echte Herausforderung erwiesen sich die Bezeichnungen und Preise für Brote, Snacks und Gebäck. Der fremden Währung wegen, und weil es keine Produkt- und Preisschilder gab. „Am Anfang musste ich viel nachfragen“, sagt Blum.

Zwanzig Sorten Weizenbrot

„Englische Kunden mögen es zuckrig und bunt.“ Melanie Hageloch hat die typisch englische Konditorkunst in Brighton kennengelernt. Je eine Woche arbeitete sie im Verkauf und in der Produktion eines Bäckereibetriebs. Neben den kleinen und großen süßen Leckereien hat sie vor allem das für deutsche Verhältnisse ungewöhnliche Brotangebot beeindruckt. „Zwanzig verschiedene Weizenbrote sind im Sortiment“, berichtet die 21-Jährige. „Nach der Rückkehr musste ich erst mal wieder ein Vollkornbrot essen.“

„Die Auslandspraktika geben die Möglichkeit, andere Länder, andere Produkte und Arbeitsweisen kennenzulernen“, sagt Ulrike Keim-Rittelmann, Ausbildungsbeauftragte der Bäckerei Keim. Sie war im Frühjahr vergangenen Jahres in einer Fachzeitschrift auf das Projekt Go for Europe aufmerksam geworden und sofort überzeugt. Schon seit einiger Zeit trieb sie die Idee um, einen deutschlandweiten Austausch auf die Beine zu stellen. Ob Neumünster oder Dublin – die Grundidee ist dieselbe: „Der Blick über den Ausbildungsalltag im eigenen Betrieb hinaus bringt die Auszubildenden fachlich und persönlich weiter.“

Mehr Selbstbewusstsein

Isabella Reale kann dies bestätigen. Die Fachverkäuferin im Bäckereihandwerk war die erste Auszubildende des Unternehmens, die am Programm teilgenommen hat. Ihr Aufenthalt liegt nun schon ein Jahr zurück. Die vier Wochen in Dublin möchte sie nicht missen. Ihr Fazit: „Wer die Chance hat, soll es machen.“ Durch den Aufenthalt und die Arbeit in einem internationalen Team sei sie selbstbewusster und offener geworden, glaubt die 22-Jährige.

International geht es auch im Café „Il Valentino“ in Dublin zu, in dem Claudia Afonso mitarbeitete. In der Produktion arbeiten Brasilianer, Franzosen und Italiener zusammen. In reiner Handarbeit entstehen dort Kuchen und Torten. Die Kreationen  haben ihren Preis und werden in einer speziellen Vitrine effektvoll in Szene gesetzt. Ganz im Unterschied zu den Bäckereiprodukten. „Man legt wenig Wert darauf, wie die Theke aussieht“, wundert sich Afonso. Auch seien die hygienischen Standards im Verkauf nicht mit dem deutschen Stand vergleichbar.

Ein besonderer Anreiz

Alle Teilnehmerinnen sind im zweiten Lehrjahr und werden im Sommer nächsten Jahres ihre Prüfungen ablegen. „Wenn die Leistung stimmt, kann die Prüfung auch vorgezogen werden“, betont Keim-Rittelmann. Jedenfalls sind die vier Auszubildenden alle mit neuem Schwung aus dem Praktikum zurückgekehrt. „Wir brauchen Fachkräfte, bilden unseren Nachwuchs aus und wollen deshalb auch unseren Auszubildenden etwas bieten.“ Letztlich sei ein Auslandaufenthalt auch ein Anreiz, dran zu bleiben. Keim-Rittelmann will das Programm auch in Zukunft nutzen. „Ich überlege mir gerade, wen ich anspreche.“

www.ausbildung-bei-keim.de

Zum Projekt

Go.for.Europe organisiert Auslandspraktika für Auszubildende aus dem Handwerk. Vermittelt werden vierwöchige Aufenthalte in England, Frankreich und Irland. Das dreiwöchige Praktikum wird als Bestandteil der Ausbildung anerkannt. Hinzu kommt ein einwöchiger Sprachkurs im Gastland.

Eine Eigenbeteiligung von rund 550 Euro deckt alle Fixkosten ab, da die Praktika durch das EU-Programm Leonardo da Vinci gefördert werden. Die Teilnahme an einem zweitägigen Vorbereitungsseminar ist Voraussetzung. Alle Teilnehmer erhalten im Anschluss den Europass-Mobilität, ein Dokument, das die erworbenen fachlichen sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen der Auszubildenden bestätigt.

Go.for.europe ist ein Gemeinschaftsprojekt des Baden-Württembergischen Handwerkstags, des Industrie- und Handelskammertags und des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Südwestmetall.

Weitere Informationen gibt es bei Franziska Panter, Baden-Württembergischer Handwerkstag, Tel. 0711/263709-162, E-Mail: fpanter[at]handwerk-bw.de.

www.goforeurope.de